Fluchtschicksale

Flucht aus der DDR

Etwa 3 Mio. Menschen sind aus der DDR und der sowjetischen Besatzungszone in den Westen geflohen. Durch den massiven Ausbau der Grenzen der DDR zur Bundesrepublik und des Baus der Berliner Mauer stieg die Zahl nach dem 13. August 1961 kaum noch an. Die Menschen, die nun die DDR verlassen wollten, mussten ein immer größeres Risiko eingehen. Trotzdem versuchten immer wieder einzelne Personen, kleine Gruppen oder Familie auf zum Teil sehr gefährliche Art und Weise in die Freiheit zu kommen. Einige von ihnen wurden Opfer der innerdeutschen Grenze.

Im Museum wird die Flucht von Heinz-Josef Große dargestellt. Er ist einer von 26 Menschen, die an der damaligen innerdeutschen Grenze zwischen Hessen und Thüringen ums Leben kamen. Heinz-Josef Große hatte enge Beziehungen zum Schifflersgrund. Das Museum kann viele Dokumente und „technische Zeugen“ seiner Flucht im Original ausstellen.

 

Gedicht eines Flüchtlings aus der SBZ vom Winter 1959, archiviert von Dieter Pietsch, Neustadt 1, 37534 Gittelde, ebenfalls aus der SBZ geflohen am 03.11.1961 um 11 Uhr

Im Winter 1959 ging im Notaufnahmelager Berlin-Marinenfelde folgendes Gedicht, dessen Verfasser trotz aller Nachforschungen unbekannt blieb, von Hand zu Hand.

 

1.) Auf einmal heißt es, alles stehen und liegen lassen, um Nachts mit einem
Koffer voll zu fliehen.
Als ob nichts wäre, schien der Vollmond durch die Gassen und in zwei
Stunden ging der Frühzug nach Berlin.

2.) Wie ein Verbrecher aus der Wohnung fort geschlichen, denn bei den
Nachbarn in der Küche brannte Licht, dann auf der Straße jedem Schatten
ausgewichen und in den Ladenscheiben sah ich mein Gesicht.

3.) Vorn an der Ecke blieb ich kurz noch einmal stehen, wo man ein Leben lang
nach Haus gegangen ist. .. dann aus der Heimat ohne Abschied fort zugehen
und nicht zu wissen, wo du morgen Abend bist. ..

4.) Schnell durch die Sperre in den dunkelsten der Wagen und mit der Hand am
Türgriff ruhelos gereist, jetzt plötzlich – frei – zu sein und nur noch „Bitte/­
Danke“ und kein Zuhause haben, wißt ihr was das heißt?!